Erklärtes Ziel der Arbeit ist es einerseits, der Fama, ursprünglich eine (zumeist unsichere) Rede, in ihren drei maßgebenden Erscheinungsformen Geräusch, Gerücht und Gerede als Erzählmittel bzw. als darstellerisches Verfahren in narrativen Werken Th. Storms und A. Schnitzlers nachzugehen. Andererseits soll diese formalästhetisch ausgerichtete Untersuchung unter Einbeziehung der kontextuellen Bedingungen die bereits in Teilen bestehende deutschsprachige Literaturgeschichte der Fama um den Übergang zwischen Realismus und Moderne ergänzen. Der systematisch angelegte Band stellt zunächst einen theoretischen Abriss zur Kunst der Fama vor und untersucht dann dieses Phänomen alltäglichen Erzählens vermittels einer Reihe von Fallstudien in Prosatexten Storms (Kap. 2) und Schnitzlers. Dabei werden Erkenntnisse der Anthropologie des Erzählens mit Ansätzen der Narratologie verknüpft.Dass Gerücht und Gerede als narratologisch fassbare Phänomene einen direkten Einfluss auf die erzähltechnische Formung der erzählten Welten fiktionaler Texte haben, hat einst der Komparatist H.-J. Gerigk terminologisch als »Wirklichkeit auf Widerruf« gefasst, der allerdings nicht erwähnt wird. Auch die fundamentalen Einblicke M. Heideggers zur Sozialform der diskreten Indiskretion in Sein und Zeit (bes. § 35 Das Gerede und § 36 Die Neugier) werden weder in den Ausführungen zu den philosophischen Bezügen von Gerücht und Gerede noch an anderer Stelle erwähnt. Dennoch: Wenn es um die Verzahnung von Theorie und Praxis geht, d. h. zu untersuchen, wie die Fama zum kompositionellen Aufbau narrativer Texte und zur Gestaltung einer möglichen Welt in Werken Storms und Schnitzlers beiträgt, sie die perspektivische Darstellung beeinflusst, die Gestaltung der Erzählstimmen prägt und die Verbindung zwischen gesellschaftlichen und psychologischen Aspekten konstituiert, dann besticht die Studie durch brillante, fundierte Analysen. Sie machen diesen Band zu einem grundlegenden Werk der Germanistik und der Erzähltheorie.
Moraldo (2017). Leyh, Valérie: Geräusch, Gerücht, Gerede. Formen und Funktionen der Fama in Erzähltexten Theodor Storms und Arthur Schnitzlers. GERMANISTIK, 58(1-2), 323-323.
Leyh, Valérie: Geräusch, Gerücht, Gerede. Formen und Funktionen der Fama in Erzähltexten Theodor Storms und Arthur Schnitzlers.
Moraldo
2017
Abstract
Erklärtes Ziel der Arbeit ist es einerseits, der Fama, ursprünglich eine (zumeist unsichere) Rede, in ihren drei maßgebenden Erscheinungsformen Geräusch, Gerücht und Gerede als Erzählmittel bzw. als darstellerisches Verfahren in narrativen Werken Th. Storms und A. Schnitzlers nachzugehen. Andererseits soll diese formalästhetisch ausgerichtete Untersuchung unter Einbeziehung der kontextuellen Bedingungen die bereits in Teilen bestehende deutschsprachige Literaturgeschichte der Fama um den Übergang zwischen Realismus und Moderne ergänzen. Der systematisch angelegte Band stellt zunächst einen theoretischen Abriss zur Kunst der Fama vor und untersucht dann dieses Phänomen alltäglichen Erzählens vermittels einer Reihe von Fallstudien in Prosatexten Storms (Kap. 2) und Schnitzlers. Dabei werden Erkenntnisse der Anthropologie des Erzählens mit Ansätzen der Narratologie verknüpft.Dass Gerücht und Gerede als narratologisch fassbare Phänomene einen direkten Einfluss auf die erzähltechnische Formung der erzählten Welten fiktionaler Texte haben, hat einst der Komparatist H.-J. Gerigk terminologisch als »Wirklichkeit auf Widerruf« gefasst, der allerdings nicht erwähnt wird. Auch die fundamentalen Einblicke M. Heideggers zur Sozialform der diskreten Indiskretion in Sein und Zeit (bes. § 35 Das Gerede und § 36 Die Neugier) werden weder in den Ausführungen zu den philosophischen Bezügen von Gerücht und Gerede noch an anderer Stelle erwähnt. Dennoch: Wenn es um die Verzahnung von Theorie und Praxis geht, d. h. zu untersuchen, wie die Fama zum kompositionellen Aufbau narrativer Texte und zur Gestaltung einer möglichen Welt in Werken Storms und Schnitzlers beiträgt, sie die perspektivische Darstellung beeinflusst, die Gestaltung der Erzählstimmen prägt und die Verbindung zwischen gesellschaftlichen und psychologischen Aspekten konstituiert, dann besticht die Studie durch brillante, fundierte Analysen. Sie machen diesen Band zu einem grundlegenden Werk der Germanistik und der Erzähltheorie.I documenti in IRIS sono protetti da copyright e tutti i diritti sono riservati, salvo diversa indicazione.


