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Moritz Baßler: Deutsche Erzählprosa 1850-1950. Eine Geschichte literarischer Verfahren. Berlin: Erich Schmidt Verlag 2015

Sandro Moraldo

2015

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Abstract

Im Gegensatz zu den bisherigen Literaturgeschichten, die ihr Erkenntnisinteresse zumeist auf Themen, historische Zäsuren und diskursive Konstellationen fokussierten, unternimmt dieses Buch einen erfrischend neuen Ansatz. Es versucht, die deutschsprachige Erzählprosa im historischen Rahmen von 1850-1950 als Verfahrens-, bzw. Form-Funktions-Geschichte zu deuten. Es geht also nicht nur um die schon 1916 von V. Šklovskij geforderte Untersuchung, „wie Texte ‚gemacht’ sind“ (12), sondern auch um die poetologische Leistung literarischer Verfahren. Mit Orientierung an der formalistisch-strukturalistischen Literaturtheorie grenzt Verf. metonymische von metaphorischen Schreibweisen ab. Geschieht bei ersterer der Übergang von der Textebene zur Bedeutungsebene „nahezu automatisch“ (20), wird bei letzterer der Verstehensvorgang „entautomatisiert“ (23) und der Leser muss die Metaphern lokalisieren und decodieren. Tiefendimension gewinnt das Buch neben der begrifflichen Ausdifferenzierung verfahrensanalytischer Unterschiede insbesondere durch die Parallelisierung mit hermeneutischen Fragestellungen. An exemplarischen kanonischen wie vergessenen narrativen Texten, vom Poetischen Realismus des 19. Jh.s über die frühe Moderne bis hin zu den neuen Realismen zwischen 1925-1950, wird der Nachweis der wechselseitigen Verbindung von ‚Handwerk‘ und ‚künstlerischer Idee‘ (J. Joyce), von ‚literarischem Verfahren‘ und expliziter oder impliziter ‚Programmatik‘ (M. Baßler), geleistet. Theoretische Rahmung und textanalytische Mikroskopie ergänzen sich auf überzeugende Weise. Aus dem so umrissenen programmatischen Hintergrund eröffnet Verf. der Forschung nicht nur neue und wichtige Perspektiven, sondern wird auch seinem Anspruch mehr als gerecht, „eine neue Form von Literaturgeschichte“ (12) vorzulegen.