Chronologisch umfasst das Buch sowohl die besondere Thematik der erzwungenen Emigration unter dem Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 als auch das allgemeine Problem der Migrationen bis heute. Geographisch wurden die deutschsprachigen Länder als Einwanderung-, Auswanderungs- oder Remigrations¬land thematisiert, damit die Herkunft- bzw. Gastländer möglichst breit gefächert bleiben. Da sich nicht nur deutschsprachige Germanistik als dialogische, interkulturelle und interdisziplinäre Disziplin versteht, wurden nicht nur literarische, sondern auch historische, soziologische und philosophische Aspekte der Migrationskulturen analysiert. Folgende Themenvorschläge werden behandelt: Interkulturalität als Kulturkontakte bzw. Schocks (Kampf der Kulturen?); Kulturtransfert; Erleben und Verarbeiten der Kulturdifferenzen; Ausgrenzung bzw. Integration; literarische Übertragung der Migrationen: Exil-, Migrations- bzw. Migrantenliteratur; Imagologie, Stereotypenforschung in der Wahrnehmung der Kulturen; sprachliche Eigenarten der Migrationskulturen. In meinem Beitrag geht es um die 2. und 3. türkische Migrantengeneration in Deutschland. Mit 2,4 Millionen Menschen stellen die türkischstämmigen Zugewanderten die größte ethnische Minderheit in Deutschland. Inzwischen sind sie längst ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Zumindest auf dem Papier. Feridun Zaimoğlu, 1964 in Bolu (Türkei) geboren und seit über 30 Jahren mit kurzen Unterbrechungen in Deutschland, ist einer von ihnen. Mit seinem Erstling Kanak Sprak. 25 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft hat er “radikal authentische Bekenntnisse junger Männer türkischer Abstammung” vorgelegt, die binnen kürzester Zeit für Aufsehen gesorgt haben. In seinen Werken kommen jene Vertreter aus “der Liga der Ausgestoßenen” (Zaimoğlu) zu Wort, die eine eher einfache Schul- und Berufsausbildung, geringe Ausbildungschancen und daher meist einen niedrigen Berufsstatus haben. Mein Kurzbeitrag will die Leitkultur dieser ,literarischen’ Migranten in Zaimoğlus Werken untersuchen, die sich gleichermaßen mit Deutschland und der Türkei verbunden fühlen und nicht die Absicht haben zu remigrieren. Zwar ist der Kontakt zur deutschen Gemeinschaft stärker als bei der ersten Generation, dennoch lässt sich ihr Lebensentwurf mit dem Begriff der Nahfremdheit am besten fassen. In Deutschland aufgewachsen, besitzen sie lediglich ‘Ausländerstatus’, der nur scheinbar auf ethnische oder kulturelle Unterschiede verweist, tatsächlich aber allein Ausdruck einer politischen, sozialen und rechtlichen Differenz ist. Die Allgegenwart von Diskriminierungserfahrungen wird immer wieder deutlich.
Sandro M. Moraldo (2007). «Stimmen vom Rande der Gesellschaft oder Von der linearen Biographie über die Bindestrich-Identität zur Ichsetzung. Feridun Zaimoğlus Kampfansage an die multikulturelle Gesellschaft». FRANKFURT ET AL. : Peter Lang.
«Stimmen vom Rande der Gesellschaft oder Von der linearen Biographie über die Bindestrich-Identität zur Ichsetzung. Feridun Zaimoğlus Kampfansage an die multikulturelle Gesellschaft»
MORALDO, SANDRO
2007
Abstract
Chronologisch umfasst das Buch sowohl die besondere Thematik der erzwungenen Emigration unter dem Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 als auch das allgemeine Problem der Migrationen bis heute. Geographisch wurden die deutschsprachigen Länder als Einwanderung-, Auswanderungs- oder Remigrations¬land thematisiert, damit die Herkunft- bzw. Gastländer möglichst breit gefächert bleiben. Da sich nicht nur deutschsprachige Germanistik als dialogische, interkulturelle und interdisziplinäre Disziplin versteht, wurden nicht nur literarische, sondern auch historische, soziologische und philosophische Aspekte der Migrationskulturen analysiert. Folgende Themenvorschläge werden behandelt: Interkulturalität als Kulturkontakte bzw. Schocks (Kampf der Kulturen?); Kulturtransfert; Erleben und Verarbeiten der Kulturdifferenzen; Ausgrenzung bzw. Integration; literarische Übertragung der Migrationen: Exil-, Migrations- bzw. Migrantenliteratur; Imagologie, Stereotypenforschung in der Wahrnehmung der Kulturen; sprachliche Eigenarten der Migrationskulturen. In meinem Beitrag geht es um die 2. und 3. türkische Migrantengeneration in Deutschland. Mit 2,4 Millionen Menschen stellen die türkischstämmigen Zugewanderten die größte ethnische Minderheit in Deutschland. Inzwischen sind sie längst ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Zumindest auf dem Papier. Feridun Zaimoğlu, 1964 in Bolu (Türkei) geboren und seit über 30 Jahren mit kurzen Unterbrechungen in Deutschland, ist einer von ihnen. Mit seinem Erstling Kanak Sprak. 25 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft hat er “radikal authentische Bekenntnisse junger Männer türkischer Abstammung” vorgelegt, die binnen kürzester Zeit für Aufsehen gesorgt haben. In seinen Werken kommen jene Vertreter aus “der Liga der Ausgestoßenen” (Zaimoğlu) zu Wort, die eine eher einfache Schul- und Berufsausbildung, geringe Ausbildungschancen und daher meist einen niedrigen Berufsstatus haben. Mein Kurzbeitrag will die Leitkultur dieser ,literarischen’ Migranten in Zaimoğlus Werken untersuchen, die sich gleichermaßen mit Deutschland und der Türkei verbunden fühlen und nicht die Absicht haben zu remigrieren. Zwar ist der Kontakt zur deutschen Gemeinschaft stärker als bei der ersten Generation, dennoch lässt sich ihr Lebensentwurf mit dem Begriff der Nahfremdheit am besten fassen. In Deutschland aufgewachsen, besitzen sie lediglich ‘Ausländerstatus’, der nur scheinbar auf ethnische oder kulturelle Unterschiede verweist, tatsächlich aber allein Ausdruck einer politischen, sozialen und rechtlichen Differenz ist. Die Allgegenwart von Diskriminierungserfahrungen wird immer wieder deutlich.I documenti in IRIS sono protetti da copyright e tutti i diritti sono riservati, salvo diversa indicazione.