Muratoris Ruhm in Deutschland beruht nicht auf den Übersetzungen. Della forza della fantasia umana (1745), eine kleine, von ihm mit 73 Jahren veröffentlichte Schrift essayistischen Charakters wurde sofort in den GGA rezensiert und ihr „unermüdeter Verfasser“ dabei als „der erste“ gepriesen, „der so zu sagen eine natürliche Historie der Einbildung geschrieben hat“. GC und SR gehen den Motivationen nach, die 35 Jahre nach Muratoris Tod den in Göttingen als Universitätsprediger wirkenden Georg Hermann Richerz (1756-1791) dazu bewogen, „ein klassisches Buch über eine unsrer edelsten und wichtigsten Kräfte“ im Zeichen der „theologischen Anthropologie“ zu übersetzen bzw. zu bearbeiten. Ludwig Anton Muratoris Über die Einbildungskraft des Menschen. Mit vielen Zusätzen – ein zweibändiges Werk, das insgesamt über 700 Seiten umfasst: gut das Dreifache des 208 Seiten starken italienischen Originals – wird hier zum ersten Mal als eine für den Fragenkomplex „Übersetzung und Kulturtransfer im 18. Jahrhundert“ äußerst interessante Leistung analysiert, die sich diesem frühverstorbenen, heutzutage fast vergessenen Schüler von Johann Benjamin Koppe, Theologieprofessor in Göttingen, verdankt. Richerz’ Mitarbeit an Koppes Herausgabe einer deutschen Übersetzung des englischen Jesaiaskommentars von Robert Lowth, Isaiah: A new Translation […] unter dem Titel Jesaias neu übersetzt […] mit Zusätzen und Anmerkungen (1779-1781) wird als regelrechte Schule für den Rekurs auf Zusätze hingestellt. Letztere waren in der ganzen Epoche sehr beliebt, weil sie gegebenfalls auch tiefgreifende Ergänzungen, Berichtigungen und Anpassungen ermöglichten. Paradebeispiel hierfür sind Richerz’ 70 Seiten starke, gehaltreiche „Zusätze des Herausgebers zum fünften und sechsten Kapitel“ von Muratoris schmaler Schrift, die dem Thema „Traum“ gelten.
Silvia Ruzzenenti, Giulia Cantarutti (2020). Muratoris "Della forza della fantasia umana" in Göttingen – Übersetzung und Kulturtransfer. Bologna : Bononia University Press.
Muratoris "Della forza della fantasia umana" in Göttingen – Übersetzung und Kulturtransfer
Silvia Ruzzenenti
;Giulia Cantarutti
2020
Abstract
Muratoris Ruhm in Deutschland beruht nicht auf den Übersetzungen. Della forza della fantasia umana (1745), eine kleine, von ihm mit 73 Jahren veröffentlichte Schrift essayistischen Charakters wurde sofort in den GGA rezensiert und ihr „unermüdeter Verfasser“ dabei als „der erste“ gepriesen, „der so zu sagen eine natürliche Historie der Einbildung geschrieben hat“. GC und SR gehen den Motivationen nach, die 35 Jahre nach Muratoris Tod den in Göttingen als Universitätsprediger wirkenden Georg Hermann Richerz (1756-1791) dazu bewogen, „ein klassisches Buch über eine unsrer edelsten und wichtigsten Kräfte“ im Zeichen der „theologischen Anthropologie“ zu übersetzen bzw. zu bearbeiten. Ludwig Anton Muratoris Über die Einbildungskraft des Menschen. Mit vielen Zusätzen – ein zweibändiges Werk, das insgesamt über 700 Seiten umfasst: gut das Dreifache des 208 Seiten starken italienischen Originals – wird hier zum ersten Mal als eine für den Fragenkomplex „Übersetzung und Kulturtransfer im 18. Jahrhundert“ äußerst interessante Leistung analysiert, die sich diesem frühverstorbenen, heutzutage fast vergessenen Schüler von Johann Benjamin Koppe, Theologieprofessor in Göttingen, verdankt. Richerz’ Mitarbeit an Koppes Herausgabe einer deutschen Übersetzung des englischen Jesaiaskommentars von Robert Lowth, Isaiah: A new Translation […] unter dem Titel Jesaias neu übersetzt […] mit Zusätzen und Anmerkungen (1779-1781) wird als regelrechte Schule für den Rekurs auf Zusätze hingestellt. Letztere waren in der ganzen Epoche sehr beliebt, weil sie gegebenfalls auch tiefgreifende Ergänzungen, Berichtigungen und Anpassungen ermöglichten. Paradebeispiel hierfür sind Richerz’ 70 Seiten starke, gehaltreiche „Zusätze des Herausgebers zum fünften und sechsten Kapitel“ von Muratoris schmaler Schrift, die dem Thema „Traum“ gelten.I documenti in IRIS sono protetti da copyright e tutti i diritti sono riservati, salvo diversa indicazione.