Nicht alle teilen die Ansicht, über Übersetzung könne man wissenschaftlich reden. Einen breiten Konsens findet jedoch die Vorstellung der Übersetzung als interdisziplinärer Tätigkeit und Sammelbecken vieler unterschiedlicher methodischer Ansätze. Aber selbst wenn beide Kritikpunkte – mangelnde wissenschaftliche Solidität und lähmender Exzess an Interdisziplinarität im Vergleich zu anderen Disziplinen der sprachlichen und kulturellen Kommunikation – zutreffen sollten, scheint es angebracht, den entsprechenden Diskurs in aktueller fachsprachlicher Perspektive so weit wie möglich zu analysieren. Eine solche Analyse, die bisher nur bruchstückhaft und vereinzelt geführt wurde, könnte einerseits einige kritische Aspekte der übersetzungstheoretischen Debatte besser ausleuchten und andererseits die Vielfalt der bisher untersuchten Fachsprachen zusätzlich erweitern. In der fachsprachlich orientierten Beschreibung der übersetzungswissenschaftlichen Literatur dieser Jahrzehnte werden also zunächst die typischen Aspekte der Interdisziplinarität und der begrifflich-definitorischen Stringenz im Mittelpunkt stehen:  Übernahme von semantischem und terminologischem Referenzmaterial,  Strukturierung, Definition, Benennung und Abgrenzung eigener Begriffe,  Aufbau oder Adaptation textueller Strategien jeglicher Art,  Sprachliche Mittel zur Festlegung der inhaltlichen Fachlichkeit, und darüber hinaus alles, was die besonderen Aspekte der praktischen Umsetzung, der Überprüfung, der Qualitätssicherung, der ethischen Einordnung usw. zu besprechen hilft. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Texte, die untersucht werden sollen, ist ihre sprachliche und kulturelle Relativität – trotz oder vielleicht gerade wegen der Tatsache, dass diese Publikationen (Bücher, Aufsätze, Protokolle, Webseiten usw.) den Übergang zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen thematisieren. Und da es mehrere übersetzungswissenschaftliche Schulen und Ausrichtungen in den verschiedenen Sprach- und Kulturkreisen gibt, entsteht als sekundäres aber durchaus nicht unproblematisches Problem die Frage, wie weit und wie gut die daraus entstehenden Publikationen ihrerseits übersetzt und rezipiert werden. In mancher Hinsicht hängt die Qualität der Kommunikation unter den Spezialisten (Übersetzungstheoretiker und Übersetzungswissenschaftler) von der Qualität vieler der ihnen zur Verfügung stehenden Übersetzungen ab. Schlecht übersetzte oder schlecht verstandene Fachliteratur ist in diesem Spezialisationsbereich möglicherweise ein strategischeres Problem als anderswo. Ausgehend von einer Auswahl von wissenschaftlichen Publikationen (und soweit wie möglich von entsprechenden Übersetzungen) sowie von den wenigen vorhandenen metasprachlichen oder terminologisch orientierten Arbeiten wird in diesem Beitrag der Versuch unternommen, den übersetzungstheoretischen und –wissenschaftlichen Diskurs als Form der fachsprachlichen Kommunikation zu charakterisieren und heraus zu finden, ob bzw. welche Stärken und Schwächen mit sprachlichen und/oder metasprachlichen Elementen in Verbindung gebracht werden können.

M. Soffritti (2006). Der übersetzungstheoretische und -kritische Diskurs als fachsprachliche Kommunikation. Ansätze zu Beschreibung und Wertung. BERN : Peter Lang.

Der übersetzungstheoretische und -kritische Diskurs als fachsprachliche Kommunikation. Ansätze zu Beschreibung und Wertung

SOFFRITTI, MARCELLO
2006

Abstract

Nicht alle teilen die Ansicht, über Übersetzung könne man wissenschaftlich reden. Einen breiten Konsens findet jedoch die Vorstellung der Übersetzung als interdisziplinärer Tätigkeit und Sammelbecken vieler unterschiedlicher methodischer Ansätze. Aber selbst wenn beide Kritikpunkte – mangelnde wissenschaftliche Solidität und lähmender Exzess an Interdisziplinarität im Vergleich zu anderen Disziplinen der sprachlichen und kulturellen Kommunikation – zutreffen sollten, scheint es angebracht, den entsprechenden Diskurs in aktueller fachsprachlicher Perspektive so weit wie möglich zu analysieren. Eine solche Analyse, die bisher nur bruchstückhaft und vereinzelt geführt wurde, könnte einerseits einige kritische Aspekte der übersetzungstheoretischen Debatte besser ausleuchten und andererseits die Vielfalt der bisher untersuchten Fachsprachen zusätzlich erweitern. In der fachsprachlich orientierten Beschreibung der übersetzungswissenschaftlichen Literatur dieser Jahrzehnte werden also zunächst die typischen Aspekte der Interdisziplinarität und der begrifflich-definitorischen Stringenz im Mittelpunkt stehen:  Übernahme von semantischem und terminologischem Referenzmaterial,  Strukturierung, Definition, Benennung und Abgrenzung eigener Begriffe,  Aufbau oder Adaptation textueller Strategien jeglicher Art,  Sprachliche Mittel zur Festlegung der inhaltlichen Fachlichkeit, und darüber hinaus alles, was die besonderen Aspekte der praktischen Umsetzung, der Überprüfung, der Qualitätssicherung, der ethischen Einordnung usw. zu besprechen hilft. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Texte, die untersucht werden sollen, ist ihre sprachliche und kulturelle Relativität – trotz oder vielleicht gerade wegen der Tatsache, dass diese Publikationen (Bücher, Aufsätze, Protokolle, Webseiten usw.) den Übergang zwischen verschiedenen Sprachen und Kulturen thematisieren. Und da es mehrere übersetzungswissenschaftliche Schulen und Ausrichtungen in den verschiedenen Sprach- und Kulturkreisen gibt, entsteht als sekundäres aber durchaus nicht unproblematisches Problem die Frage, wie weit und wie gut die daraus entstehenden Publikationen ihrerseits übersetzt und rezipiert werden. In mancher Hinsicht hängt die Qualität der Kommunikation unter den Spezialisten (Übersetzungstheoretiker und Übersetzungswissenschaftler) von der Qualität vieler der ihnen zur Verfügung stehenden Übersetzungen ab. Schlecht übersetzte oder schlecht verstandene Fachliteratur ist in diesem Spezialisationsbereich möglicherweise ein strategischeres Problem als anderswo. Ausgehend von einer Auswahl von wissenschaftlichen Publikationen (und soweit wie möglich von entsprechenden Übersetzungen) sowie von den wenigen vorhandenen metasprachlichen oder terminologisch orientierten Arbeiten wird in diesem Beitrag der Versuch unternommen, den übersetzungstheoretischen und –wissenschaftlichen Diskurs als Form der fachsprachlichen Kommunikation zu charakterisieren und heraus zu finden, ob bzw. welche Stärken und Schwächen mit sprachlichen und/oder metasprachlichen Elementen in Verbindung gebracht werden können.
2006
Die Wissenschaft und ihre Sprachen
227
254
M. Soffritti (2006). Der übersetzungstheoretische und -kritische Diskurs als fachsprachliche Kommunikation. Ansätze zu Beschreibung und Wertung. BERN : Peter Lang.
M. Soffritti
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